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Ausbildung mit Handicap

Inklusion gelingt.

Spricht man über Kinder und Jugendliche mit Behinderung, kommt man am Begriff „Inklusion“ nicht vorbei. Sie ist vor allem an Schulen ein viel diskutiertes Thema. Aber was bedeutet das?

Die wörtliche Übersetzung lautet Einbindung, Einbeziehung oder Zugehörigkeit. Es soll also niemand aufgrund einer Behinderung ausgegrenzt werden, sondern überall mitmachen können – auch in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Freizeit. Das ist ein Ziel, das leider nicht immer einfach zu erreichen ist.

Während Inklusion an den Schulen immer mehr umgesetzt wird, ist Inklusion in der Ausbildung noch ein Rand­thema. Da aber immer mehr Inklusionskinder einen Abschluss an einer Regelschule machen, suchen natürlich mehr und mehr Jugendliche mit Handicap einen Ausbildungsplatz.

Für viele Firmen ist es ungewohnt, wenn sich ein Schulabgänger mit Behinderung um einen Ausbildungsplatz bewirbt. Überforderung diesbezüglich macht sich breit. „Was gibt es zu beachten? Müssen wir besondere Arbeitsmittel anschaffen und womöglich sogar umbauen?“, sind nur ein paar der Fragen, die so eine Bewerbung aufwirft. Gerade kleine Betriebe scheuen sich vor solchen Investitionen, die eine zusätzliche finanzielle Belastung bedeuten können. Oft werden Menschen mit Behinderung – zum Teil zu Unrecht – als weniger leistungsfähig oder langsam eingeschätzt. Diese Vorurteile machen es Bewerbern mit Handicap nicht leicht, im Berufsleben Fuß zu fassen.

Deshalb sind viele Betroffene verunsichert: „Finde ich einen passenden Ausbildungsplatz und habe ich überhaupt eine Chance gegen die Bewerber ohne Behinderung?“ Im Zeitalter des Fachkräftemangels kann man diese Frage immer öfter mit „Ja!“ beantworten. Trotzdem muss man als Jugendlicher mit Behinderung aktiv werden, um die möglichen Ausbildungsbetriebe von den eigenen Fähigkeiten zu überzeugen. Es gibt ein paar Strategien, die dabei helfen können.

Behinderung in der Bewerbung erwähnen oder nicht?

Das ist schon die erste Überlegung, die du anstellen musst. Du bist nicht verpflichtet, eine Behinderung in den Bewerbungsunterlagen anzugeben, wenn du die Stelle uneingeschränkt ausüben kannst. Das hängt also von deiner Behinderung und der Stelle ab, für die du dich bewirbst. Bei der Bewerbung um eine Stelle im öffentlichen Dienst dagegen solltest du deine Behinderung angeben, denn Ämter und Behörden sind verpflichtet, behinderte Bewerber ab einer Schwerbehinderung von 50 Prozent zum Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn sie fachlich für die Stelle geeignet sind. In diesem Fall steigen deine Chancen auf ein Vorstellungsgespräch!

Stärken betonen

Du hast Schwierigkeiten beim theoretischen Lernen und Stillsitzen, bist aber bei praktischen Tätigkeiten unschlagbar? Du hast eine Sehbehinderung, kannst aber dafür Dinge ertasten, die „Normalsehenden“ verborgen bleiben? All das sind individuelle Stärken, die du in deiner Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch unbedingt hervorheben solltest. Und wenn du weißt, dass du in deinem Wunschberuf geforderte Tätigkeiten mit entsprechenden Hilfsmitteln (z. B. einer Braillezeile für den Computer) ausführen kannst, erwähne auch das auf jeden Fall.

Hilfreiche Praktika

Praktika in den Ferien helfen, um für dich selbst auszutesten, ob, und um den Firmen zu beweisen, dass du die nötigen Fähigkeiten und das Durchhaltevermögen für deine Ausbildung hast. Hat das Praktikum gut geklappt, steigen bei einer späteren Bewerbung um einen Ausbildungsplatz natürlich auch die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch.

Unterstützung für Azubis mit Handicap

Um deine Ausbildungschancen trotz Handicap zu erhöhen, kann zum Beispiel in Prüfungen ein Nachteils­ausgleich angewendet werden. Dabei können Hilfsmittel zugelassen oder die Hilfe Dritter (beispielsweise Gebärdendolmetscher für Hörbehinderte) in Anspruch genommen werden. Für alle, für die nicht gleich eine reguläre Ausbildung in Frage kommt, besteht die Möglichkeit einer Fachpraktikerausbildung. Genauere Informationen dazu gibt es bei der IHK oder der HWK. Auf diese Fachpraktikerausbildung kannst du später eine anerkannte Ausbildung aufsetzen.

Wer hilft weiter?

Neben der IHK oder HWK sind auch die Agentur für Arbeit oder der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. Anlaufstellen bei Fragen und Informationsbedarf. Weitere Informationen findest du auch im Internet z. B. unter www.inklusion-gelingt.de und www.myhandicap.de.

Annika, 28 Jahre alt, hat eine Chromosomenanomalie. Ihre geistige Entwicklung entspricht der eines zehn- bis zwölfjährigen Kindes. Annika arbeitet in einer Behindertenwerkstatt in Nordrhein-Westfalen und konfektioniert Schrauben und Muttern für einen großen Sanitärproduktehersteller in Deutschland. SWAG befragte sie zu ihrer Arbeit:

SWAG: Magst du deine Arbeit?
Annika: Meistens. Wenn ich im Urlaub bin, freue ich mich, dass ich bald wieder arbeiten darf.

SWAG: Was arbeitest du?
Annika: In der Werkstatt Sachen zusammenschrauben und verpacken.

SWAG: Was gefällt dir am besten bei der Arbeit?
Annika: Wenn ich eine Arbeit für mich alleine machen kann und nicht auf das warten muss, was jemand vor mir arbeitet.

SWAG: Kommst du gut mit deinen Kollegen aus?
Annika: Mit den meisten Kollegen schon, besonders mit meiner Betreuerin Kerstin. Ein Kollege ärgert mich manchmal, dann hilft sie mir.

Annika ist durch ihre Arbeit und das Leben in einer Wohngemeinschaft selbstständiger geworden. Sie fährt zum Beispiel alleine mit dem Bus zum Tierheim und darf dort Hunde ausführen.